Da stehen wir nun. Die Sonne im Gesicht, das Meer gespickt mit kleinen bewaldeten Inseln und die lang gesuchten Langbåtar zu unseren Füssen.
Diese Geschichte nahm ihren Anfang, als wir letzten Sommer während dem Yachtsegeln in den Schären einen Traditionssegler sahen und wir sofort wussten: Das ist es! Naturnahes Reisen in der Tradition der schwedischen Fischer.
Die Suche begann. Viele Freunde halfen uns mit Kontakten in Schweden, bis wir die richtige Bootsbezeichnung hatten und somit durch unseren Freund Jürg an die Folkhögskola Stensund weitergeleitet wurden.
Preben und Pelle empfiengen uns herzlichst an der Folkhögskola Stensund. Die beiden sind die Kursleiter traditioneller Bootbau Båtbiggare . Sie zeigten uns alles rund um den Bootbau. Traditioneller Bootbau heisse nicht, dass nichts verändert werden dürfe. Tradition beinhaltet praktische Veränderung zur Weiterentwicklung. Andis Bootbauerherz schlug höher, während er mit Preben die Baupläne studierte. Seine Stimme überschlugt sich vor Freude, als er mir erklärte, wie die Schiffe gebaut wurden!!
Bei Kaffee und Kuchen erzählten Preben und Pelle , wie sie ihre Studenten während einer 11tägigen Reise mit den Blekingebåtar zu einer Gruppe mit aktiver Partizipation bringen und ihnen nebst dem Wissen über die Boote auch das Feeling für die Boote beibrachten. Ihre Augen weiteten sich, als sie verstanden, dass wir mit unserer Philosophie die gleichen Ziele verfolgen, wie sie an ihrer Folkhögskola: Persönlichkeit stärken - Team bilden.
Voller Stolz zeigten sie uns ihre Ausrüstung für ihre Segelreisen: Küche, Planen, Zelte, Navigationskiste mit perfekter Passform, Radiorecorder für die Aufnahme der Wettervorhersage um 05:50 Uhr, Weckgong, mobile Toilette und vieles mehr. Alles ist bestens in praktischen, von ihnen modifizierten Kisten verpackt.
Dann folgt der Spaziergang zum Bootshaus. Ein schmales, hohes, rotes Holzhaus steht am Ufer, Es ist umgeben von einer wunderschönen Holzterrasse, welche gleichzeitig als Bootssteg dient. Wow! Jetzt bleibt uns der Mund offen! Fein säuberlich ist das ganze Rigg (Segel, Ruder, Schwert) nach Schiffsname aufgehängt und farblich gekennzeichnet.
Die Langbåtar schaukeln am Steg im seichten Wasser. Prebe erzählt uns die Geschichte der Schiffe. Die Fischer in dieser Gegend brauchten Schiffe mit wenig Tiefgang, damit sie zwischen den Inseln Heringe (Blekinge) fangen konnten. Ihre Schiffe waren ca. vier Meter lang. Ausgestattet mit einem Mast und zwei Segel. Das Schwert war so konstruiert, dass bei einer Bodenberührung dieses von alleine in die Höhe schwang.
Die gefangenen Heringe wurden an Land in Salzfässern gelagert und auf dem Markt verkauft. Doch mit den kleinen Schiffen konnten die Fässer nicht transportiert werden. Somit entstanden die grossen Blekingebåtar. Sie sind ca. neun Meter lang, haben zwei Mäste und drei Segel. Sie boten viel Platz, um die Fässer im Bootsrumpf zu transportieren. Um vom Ufer abzulegen, mussten vier bis sechs Männer rudern. Erst auf dem offenen Meer konnten die Segel gehisst werden. Ein Mann stand an der Pinne, einer navigierte und drei bis vier Männer bedienten die Segel oder ruderten. Um diese grösseren Blekingebåtar zu bedienen, benötigte man eine Crew von mind. fünf Personen.
Preben erzählte weiter, dass seit den letzten hundert Jahren kein Fischer mehr wusste, wie man segelt. Ab 1915 benutzen die Fischer Schiffsmotoren. Nur die Bootsform blieb erhalten.
Am Nachmittag durften wir das kleine Blekingebåtar Mille segeln. Es segelt sich wie eine Jolle. Wendig und schaukelig wie auf dem Bielersee!! Während ich anfangs doch etwas Mühe mit dem Segelverhalten der Blekingebåtar hatte, fühlte sich Andi sofort heimisch.
Am nächsten Tag hatte Preben eine Crew für das grosse Blekingebåtar SOL angeheuert. Andi, Preben und ich stellten das Schiff bereit. Segel mussten gerefft, zwei Masten gestellt, das Ruder und die Pinne montiert und das Blekingebåtar per Muskelkraft und Ruder an den Steg gebracht werden. Dort luden wir die fünf weiteren Crewmitglieder auf und segelten einen halben Tag. Auch heute wehte der Wind mit 5-8m/sec. Hui, das Schiffchen rauschte über die See. Je nach Kurs krängte sich das Schiff und wir sassen als lebender Ballast im Luv! Der Gruppenhunger machte sich bemerkbar. Die Segel wurden abgetakelt und die Ruder gesetzt. Zu viert ruderten wir die letzten paar Meter an Land.
Preben meinte: "Sailing is not only a knowledge. Sailing is a feeling." Da hat er recht. Er erklärte uns zwar viel über das Segelverhalten der Blekingebåtar, doch ohne Gespür für Wind und das Bootsverhalten, funktioniert Segeln nicht.
Am späten Nachmittag, nach getaner Arbeit, sassen wir zu dritt am Pier und besprachen noch einmal den Segelausflug. Eine Frage plagte uns noch. Wird Preben uns sein Blekingebåtar SOL anvertrauen? In Prebens Gesicht machte sich ein Grinsen breit. "Klar! Ich habe bei euch die Leidenschaft für das Segeln gesehen und beobachtet, wie ihr achtsam mit dem Schiff umgeht. Ihr seid im Sommer herzlich willkommen."
Die Freude kann ich hier kaum in Worte fassen! Sie war so gross, dass ihr bestimmt ein paar Lachfältchen mehr auf meinem Gesicht findet ;-)
Unser Besuch in Schweden ging all zu schnell zu Ende. Ein letzter Blick ins Bootshaus, sitzend auf dem Holzsteg die Sommerwärme geniessen, letzte Worte mit Preben wechseln und dann gings zurück in die Schweiz.
Wir freuen uns riesig, diese Reise im Sommer mit dir zu teilen.
Wir werden auf den Spuren der alten Fischer segeln, gemeinsam das Tagesprogramm gestalten, am Feuer schlafen und die hellen Nächte geniessen.
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